Herausforderungen auf dem Wege der energetischen Sanierung eines Baudenkmals

Die Sanierung des HVB-Towers ist eine nicht alltägliche architektonische Herausforderung, denn es geht bei diesem Projekt um die Sanierung eines städtebaulichen Wahrzeichens. Der HVB-Tower ist eine Skulptur, ein Unikat mit einer bis heute faszinierenden Konstruktion und Anmutung. Die von den Betz Architekten ursprünglich gewollt erzielte Wirkung der 'Entmaterialisierung' des Gebäudes durch die Gestaltung der Fassade ist Teil seiner Einzigartigkeit, städtebaulich betrachtet prägt der HVB-Tower – wie man unschwer auf Panoramafotos erkennt – die Silhouette Münchens entscheidend.

Denkmalschutz
Seit seiner Fertigstellung und Inbetriebnahme 1981 hat der Turm bereits etliche Wandlungen vollzogen: kleine und größere Umbaumaßnahmen wurden vorgenommen, wovon die Größte wohl der Umbau des Händlerzentrums im Flachbau Nord war, der sich über zwei Jahre von 1998 bis 2000 hinzog. Die Komplettsanierung des Casinos sowie des Flachbaus Süd im Jahr 2001 war die letzte große Maßnahme, bevor das Gebäude 2006 zum Denkmal erklärt und in die Denkmalliste aufgenommen wurde.
Die Ausgangslage für das Architekturbüro HENN bei der Sanierung des Turms war dementsprechend ein Gebäude, das sich im Inneren – im Gegensatz zu der äußeren Fassade - nicht mehr in dem ursprünglichen Zustand befand.
Die Herausforderung bestand nun darin zu analysieren, welche Bereiche des Gebäudeinneren im Sinne der Denkmalpflege erhaltenswert sind. Das Ergebnis zeigte, dass aufgrund der vorherigen Umbauten kaum ursprüngliche Materialien aus der Entstehungszeit vorhanden waren und folglich bei der Neuinterpretation ein größerer Freiraum besteht. Dieser wird dazu genutzt, dem hohen gestalterischen Anspruch des Gebäudes durch eine subtile, aus der Gebäudehülle und deren Gestaltungsprinzipien heraus entwickelten Innenraumgestaltung Rechnung zu tragen, die zugleich der zukünftigen Nutzung als Vorstandshaus gerecht wird.
Die denkmalpflegerischen Anforderungen an die Fassade hingegen waren von Beginn an eindeutig zu benennen: hier geht es bei der Sanierung um die optische und gestalterische Erhaltung aller äußeren Merkmale der Fassadenhülle. Dies mit den neuen zeitgemäßen technischen Anforderungen an die Fassade zu vereinbaren, war die eigentliche Herausforderung im Planungsprozess.
Bereits von Beginn an – quasi seit der Auftragserteilung durch die HVB Immobilien AG und zeitgleich mit den ersten Entwurfsgedanken – traten HENN gemeinsam mit dem Bauherrn in einen intensiven Dialog mit der Denkmalschutzbehörde und auch Oliver Betz, dem Vertreter der Ursprungsarchitekten. Und nur in diesem engen Dialog war es möglich, ein gebäudespezifisches und zugleich zukunftsfähiges Fassadenkonzept zu entwickeln, das auf der optischen Gleichheit mit der Bestandsfassade basierend auch die funktionalen und bauphysikalischen Anforderungen an eine zeitgemäße Hochhausfassade garantiert und somit die Belange aller Beteiligten auf ein Höchstmaß berücksichtigt.

Fassadensanierung
Innerhalb dieses umfangreichen Projektes ist die energetische Sanierung der Fassade eine der wesentlichsten Maßnahmen, da sie Grundvoraussetzung für die Realisierung eines modernen Raumklimakonzeptes mit bestmöglichem Nutzerkomfort ist.
Die Blechpaneele der Bestandsfassade selbst werden dabei aus denkmalpflegerischen Aspekten wie auch aus Gründen der Nachhaltigkeit fachgerecht gereinigt und wiederverwendet. Tragekonstruktion, Dämmung und Glasscheiben sind komplett neu.
Bislang bestand die Fassade aus einschaligen Fassadenelementen mit Zwei-Scheiben-Isolierverglasungen, die nun durch doppelschalige Elemente ersetzt werden (Aufbauprinzip Kastenfenster). Die innere Ebene der Elemente ist mit einer Drei-Scheiben-Isolierverglasung ausgestattet. Durch eine kaum wahrnehmbare Perforierung der Fassadenelemente gelangt die Außenluft  in den Kastenfensterzwischenraum und bei Bedarf weiter  über öffenbare Innenfenster als Frischluft in die Büros.
Innerhalb der Kastenfenster befindet sich künftig ein Sonnenschutz, der eine weitere technische Neuerung in der Fassadenkonstruktion darstellt. Durch die äußere Prallscheibe geschützt und somit unabhängig von Windlasten und Witterungseinflüssen sorgt dieser Sonnenschutz maßgeblich für eine Reduzierung der externen Wärmelasten, um die Haustechnik auf einen zukunftsträchtigen Stand bringen zu können. Mit den vorgesehenen Heiz-Kühl-Decken wird in ein modernes Raum-Klima-Konzept investiert, das energieeffizient ist und für den Nutzer die Lösung mit dem bestmöglichen Komfort.
Darüber hinaus dient der Sonnenschutz auch als Blendschutz für die Arbeitsplätze.

Brandschutz
Ebenso wie der Denkmalschutz sind die Branddirektion und die Lokalbaukommission seit Planungsbeginn an enge Gesprächspartner für alle projektverantwortlichen Planer.
Der HVB-Tower ist ein Hochhaus, so dass hier in Abstimmung mit den Behörden die Hochhausrichtlinie für die Planung des Brandschutzes herangezogen wurde und gemeinsam, vor dem Hintergrund der bestehenden Tragkonstruktion, ein Brandschutzkonzept erarbeitet wurde, das eine signifikante Verbesserung darstellt und die Betriebssicherheit dauerhaft gewährleistet.
Die bestehenden Treppenhaustürme werden zukünftig als druckbelüftete Sicherheitstreppenräume ertüchtigt.  In alle vier Treppenhäuser würde im Brandfall Frischluft eingeblasen, damit diese rauchfrei bleiben und eine gefahrlose Flucht ermöglichen. Die Komplexität dieses Systems hat bei der Integration in die Planung die Strukturierung des gesamten Gebäudes beeinflusst, da der durch die eingeblasene Luft entstehende Überdruck geregelt über die Gebäudehülle wieder entweichen muss.
Zudem werden unter anderem eine Vollsprinklerung sowie eine vollflächige Überwachung mittels Brandmeldeanlage für größtmögliche Sicherheit sorgen.
Durch eine Optimierung der inneren Strukturierung der Geschosse in brandschutztechnischer Hinsicht konnte, dem ursprünglichen Entwurfsgedanken der Entstehungszeit sowie den heutigen Bedürfnissen und Zielvorstellungen folgend, eine größtmögliche Flexibilität der Büroraumstruktur erreicht werden, ohne die Schutzziele des Brandschutzes dabei zu vernachlässigen. 

Gestaltung des Innenraums
Entscheidend für den künftigen Innenausbau der Geschosse ist vor allem die angemessene wertige Gestaltung und Materialität.
Zukunft, Fortschritt, Zeitlosigkeit, Qualität und Design sind die visuellen Botschaften, die uns das Gebäude von Außen vermittelt. Diesen Anspruch gilt es im Gebäudeinneren für jeden spürbar fortzusetzten und somit Außen- und Innenraum zu einer Einheit zu führen.
Die räumliche Neuinterpretation baut auf den Prinzipien der in den 70er Jahren hochmodernen, ursprüngliche Planung auf: vorgesehen war damals und geplant wird heute ebenfalls die Vorrichtung für eine flexible und zukunftsfähige Büroraumstruktur, die fähig ist, sich den sich ändernden Büroabläufen anzupassen – möglich sind sowohl Einzelbüros als auch Bürolandschaften mit, auf Grund der Gebäudeform, stets gut belichteten Räumen und grandiosem Ausblick aus diesem spektakulären Baudenkmal und Wahrzeichen Münchens.